Ich berste vor Neid, wenn ich eure schönen Frauen, eure edlen Automobile und eure teuren Landhäuser sehe …“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
E D I T O R I A L
Sorgenkind Bildung: Auf die Kinder kommt es an. Ein Zwischenruf von Gerhard-Stefan Neumann …
Bildung ist der Schlüssel zum Erfolg.
Auf die deutschen Schülerinnen und Schüler kommen in den nächsten Jahren gravierende Veränderungen zu. Sie werden zukünftig wesentlich mehr „gefordert“ und „gefördert“ als bisher.
Nürnberg (gsn) – Ist die Bundesrepublik Deutschland ein Entwicklungsland? Zählt dieses große und mächtige Land mitten im Herzen Europas zur dritten Welt? Billigt man uns bestenfalls den Status eines Schwellenlandes zu? Oder werden eines Tages vielleicht sogar Entwicklungshelfer bei uns arbeiten? Eine irreale, überzogene Vorstellung? Sicherlich, doch lassen wir den provokativen Spaß einmal beiseite:
Sorgenkind Bildung: In Sachen Bildung, Erziehung und Schule besteht hierzulande mittlerweile ein unübersehbarer Handlungsbedarf, ein Notstand, der letzten Endes die Kosten für die immer noch reichlich vorhandenen sozialen Sicherungsmaßnahmen in schier unermessliche Höhen treibt. Also doch Entwicklungsland?
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern liegt Deutschland mit seinen Kosten für die Leistungen seiner sozialen Sicherungssysteme weit vorne – mit den Aufwendungen natürlich auch.
Was kann getan werden, um diese verhängnisvolle Spirale von der Arbeitslosigkeit hin zur Armut und Verelendung großer gesellschaftlicher Gruppen zu durchbrechen?
Die Botschaft der Stunde – und sie richtet sich gleichermaßen Eltern und Kinder – kann nur lauten:
Lernen, lernen und noch einmal lernen. Wie? Davon später.
Zum Vergleich:
Im Freistaat Bayern besitzen rund zehn Prozent aller Jugendlichen keinen qualifizierten Schulabschluss. Bei den Schülerinnen und Schülern mit ausländischen Elternteilen liegt diese Quote sogar bei einem Viertel. Und die Bayern befinden sich in „guter Gesellschaft“:
Der Anteil der Schülerinnen und Schüler ohne Abschlusszeugnis liegt in der Bundesrepublik Deutschland bei acht bis zehn Prozent.
Noch dramatischer sieht es bei den ausländischen Berufsschülern im „High Tech Land“ Bayern aus:
Zwischen fünfzig und achtzig Prozent fallen in den einzelnen Landesteilen seit dem Jahr 2000 regelmäßig bei den Prüfungen vor den Industrie- und Handwerkskammern durch. Besonders hoch sind diese Zahlen in Nürnberg und Fürth. Etwas niedriger sind sie in Augsburg und München. Die Tendenz in allen erwähnten bayerischen Großstädten ist jedoch steigend.
Nahezu alarmierend müsste aber diese Zahl sein:
Mehr als zwei Drittel der Einwohner und Einwohnerinnen im Freistaat Bayern ohne Schulabschluss haben auch keine Arbeit … …
Unangefochten gut dagegen stehen die Bayern in Sachen mittlerer und höherer Schulbildung da. Der sprichwörtliche „Run“ auf die bayerischen Gymnasien und Realschulen hält seit gut fünfzehn Jahren mit steigender Tendenz an. Allerdings – und dies soll keinesfalls verschwiegen werden – besuchen hauptsächlich Kindern aus der bayerischen Mittel- und Oberschicht diese Schulen.
Zwar steigen die Zahlen der Schulabbrecher und Rückkehrer auf die Realschulen auch hier deutlich an, aber die meisten dieser „schulischen Problemfälle“ führen dann doch über den Umweg weiterführender Schulen zum Erfolg und einem „guten Ende“.
Der schulische Erfolg eines Kindes hängt leider häufig vom Geldbeutel der Eltern ab.
Und an dieser bitteren Erkenntnis kommen auch die erfolgsverwöhnten Bayern nicht vorbei:
„Haben die Eltern keinen qualifizierten Schul- oder Berufsabschluss erreichen ihn auch die Kinder nicht …“
Die Schule ist keine Freizeitveranstaltung, kein Spaßvergnügen. Schule ist harte Arbeit. Und Lernen muss von Anfang an richtig gelernt werden. So bitter die Arbeitslosigkeit auch ist, so hat sie den Kindern doch die Erkenntnis gebracht, dass Konsum und Spaßgesellschaft ihre Grenzen haben. Man muss sich anstrengen, man muss lernen und man muss hart an sich arbeiten. Und das jeden Tag. Begabung, Neigung und Talent sind gut und schön, aber der berufliche Erfolg ist nur mit Fleiß, Disziplin und Verantwortung zu verwirklichen. Wer es zu einem halbwegs zufrieden stellenden Wohlstand und einer einigermaßen geglückten Selbstverwirklichung bringen will, kommt an dieser Erkenntnis nicht vorbei.
Und nicht zu vergessen:
Man muss auch mal verzichten können, wenigstens so lange, bis man die so heiß ersehnten Qualifikationen und Zeugnisse in der Tasche hat.
Auch dieses Jahr werden die Deutschen etwa an die sechzig Milliarden Euro für die „schönsten Wochen des Jahres“ ausgeben. Also bitte, wer jedes Jahr dreimal im Jahr nach Mallorca in Urlaub fliegen kann und sich am Ballermann die „Birne“ voll knallt, der kann doch auch „Schulgeld“, „Lehrgeld“ und „Studiengebühren“ bezahlen. Und wenn es nur der inzwischen berühmt berüchtigte „eine Euro“ ist. Jede(r) so wie sie(er) kann. Oder etwa nicht?
Viele Bewohner haben den Sozialstaat Bundesrepublik Deutschland „ausgeplündert“.
So darf gefragt werden:
Wo ist denn eigentlich seit den frühen siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts die ganze „Kohle“ geblieben …?
Inzwischen gehört Jammern absolut dazu, jammern ist „in“. Allerdings jammern wir noch immer auf allerhöchstem Niveau. Deutschland kann sich immer noch sehr viel leisten! Jahr für Jahr überweisen wir Unsummen in die neuen Länder, um sie an die alten heran zu führen; das ist gut so, aber allein von diesen immensen Beträgen müssen kleinere europäische Länder ihre Staatshaushalte finanzieren.
So darf gefragt werden:
Wo sind die Milliarden für die Bildung?
Die Damen und Herren Politiker drücken sich vor der Wahrheit. Wir müssen unsere Probleme offenlegen, ansprechen, vor allem aber anpacken und lösen.
Inzwischen bestimmen Geldleute, Kaufleute, Techniker und junge dynamische Internet-Spezialisten weitestgehend den Lauf der Zeit, die Geschichte und damit unsere Gesellschaft.
Die Bildung des Nachwuchses bleibt dabei auf der Strecke. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es leider nur noch Mittelmaß. Dieses Mittelmaß bekommen wir Tag für Tag in den Medien präsentiert.
Wie weit die derzeit diskutierten neuen Schulgliederungen von Erfolg gekrönt sein würden, kann natürlich niemand sagen, man bleibt ja immer noch beharrlich bei den alten unproduktiven Schulsystemen. Sicher ist nur, auch auf die Lehrerinnen und Lehrer hierzulande werden neue Verantwortlichkeiten zukommen; Fort und Weiterbildung werden auch für sie eine gänzlich neue Bedeutung bekommen.
Apropos Lehrer:
Nun, sie sind im wahrsten Sinne des Wortes ganz arm dran. Und mit einem Traumberuf hat dieser Job schon seit vielen Jahren nichts mehr zu tun. Lehrer müssen für alles den Kopf hinhalten und sind grundsätzlich an allem Schuld. Dabei leiden sie wahrscheinlich am allermeisten.
Und die Eltern?
Die Eltern fühlen sich oft genug allein gelassen. Viele Eltern glauben in Sachen Erziehung ihrer Kinder fit zu sein, doch die wenigsten von ihnen sind es wirklich. Viel erschreckender ist jedoch die Tatsache, dass sie absolut keine Ahnung haben, woher sie im „Notfall“ Rat und Hilfe bekommen. Einigkeit besteht aber darin, dass sie mit Fachleuten und Experten in einem persönlichen Gespräch ihre Erziehungsprobleme besprechen und diskutieren können.
Die meisten Eltern „liefern“ ihre Kids morgens um acht Uhr an der Schule in der hoffnungsfrohen aber total irrigen Erwartung ab, ihre Sprösslinge mittags um dreizehn Uhr wieder „erzogen“ abholen zu können. Nur, die Wirklichkeit sieht eben ganz anders aus, und vor dieser Wirklichkeit verschließen leider zu viele ihre Augen. Ohne Mitarbeit und Unterstützung der ganzen Familie läuft in Sachen Erziehung eben gar nichts.
Die Eltern sind das fundamentale Element in der Entwicklung ihrer Kinder. Wenn sie, erkennen, dass, Bildung nicht nur als Anspruch, sondern auch als Chance begriffen und verstanden wird, kann sich am „ach so beklagenswerten deutschen Bildungsnotstand“ wirklich etwas ändern.
Ein Vorschlag zur Güte:
Vielleicht lernen die Eltern mal wieder gemeinsam mit ihren Kindern. Das kann bestimmt sehr lehrreich sein. Für beide Teile.
Fazit:
Erziehung, Bildung und Schule können nicht von „oben“ verordnet werden, nicht aus München, nicht aus Bayern aber auch nicht aus Berlin …
Ich berste vor Neid, wenn ich eure schönen Frauen, eure edlen Automobile und eure teuren Landhäuser sehe …“
G. B. Shaw
„Der Arzt am Scheideweg“, 1
(Dr. Ridgeon)
Nürnberg: Das Christkind lädt zum 387. Mal zu seinem Markt ein – von Gerhard-Stefan Neumann …
Das Nürnberger Christkind absolviert bis Heiligabend an die 150 Termine und erfreut dabei nicht nur „Groß“ wie „Klein“ sondern gibt auch behinderten und kranken Menschen, Trost, Wärme und Zuversicht. Es ist einer der anstrengendsten, aufregendsten und härteren aber auch schönsten „Jobs“, den die Frankenmetropole Nürnberg alle zwei Jahre zu vergeben hat; ein Job auf Zeit und natürlich dem weiblichen Geschlecht vorbehalten. Außerdem ist er weniger ein Beruf als vielmehr eine „Berufung“.
Die für diese Tätigkeit in Frage kommenden Aspirantinnen müssen mindestens sechzehn Jahre jung und dürfen höchstens neunzehn Jahre alt sein. Gute Fitness und absolute Schwindelfreiheit wird vorausgesetzt. Ein fachkundiges und kompetentes Kuratorium wählt die Kandidatinnen nach Ausstrahlung, Charme, Esprit, Schulbildung, Schönheit und Sprachkenntnissen aus. Ein bis zwei Fremdsprachen sollten es schon sein, denn schließlich wird das „Nürnberger Christkind“ die Stadt nach seiner offiziellen „Amtszeit“ als Botschafterin in aller Welt vertreten. Die Wahl des „Nürnberger Christkindes“ erfolgt seit 1969 absolut demokratisch, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein „amtlich-verbrieftes“ Mitspracherecht.
Das Christkind der Jahre 2001/2002 war die bildhübsche Marisa Sanchez (das erste Nürnberger Christkind mit inzwischen hinreichend bekannten Migrations-Hintergrund) eine in Nürnberg geborene Tochter spanischer Eltern. Über ihre „Berufung“ gab es erhebliche, teilweise kontrovers geführte Auseinandersetzungen; schließlich gelten die „Peterlesboam“ und „Peterlesmadlas“ als ziemlich bodenständig und allem Neuen gegenüber nur wenig aufgeschlossen.
Nürnberg (gsn) – Die Frankenmetropole Nürnberg zählt anfangs des einundzwanzigsten Jahrhunderts zu den wohl interessantesten und herausragendsten Großstädten in Europa.
Nach den verheerenden Zerstörungen des furchtbaren Zweiten Weltkrieges war die Innenstadt zu mehr als neunzig Prozent zerstört. Die Architekten des Wiederaufbaus sprechen inzwischen schon von einem „Total-Verlust“. Das ehemalige „Schatzkästlein des Deutschen Reiches“ hat für die eigenen politischen Irrtümer und die der deutschen Nation einen sehr hohen Preis bezahlt.
Das Synonym „Auferstanden aus Ruinen und der Zukunft zugewandt …“ könnte, wäre es nicht so makaber, in der Trümmerlandschaft des Nürnberger Hauptmarktes entstanden sein.
„… tiefgreifender Strukturwandel im Zeichen der Burg …“
Der Wiederaufbau Nürnbergs dauerte gut fünfzig Jahre und war eigentlich erst 1989 endgültig abgeschlossen, als die Baumeister den letzten noch fehlenden Reichsadler auf der Kaiserburg ersetzen konnten. Wirtschaftlich boomte in jenen Gründerjahren die große Stadt in der nordbayerischen Provinz. Firmen wie „AEG“, „MAN“, „Nürnberger Versicherung“ (Werbeslogan: Schutz und Sicherheit im Zeichen der Burg), „Siemens“ und „Triumph-Adler“ gaben den Menschen nicht nur einen guten Lohn und damit reichlich Brot, sondern sorgten auch für viel Glanz und Gloria und einen immer gut gefüllten Stadtsäckel.
Wenn wir in diesem Zusammenhang von der Frankenmetropole Nürnberg sprechen, meinen wir auch die Städte Erlangen und Fürth. Denn dieses Städtedreieck ist untrennbar miteinander verbunden und zumindest wirtschaftliche gesehen, schon längst ein regionales in sich geschlossenes Gebiet. Nur, die Politik und die Politiker scheinen das noch nicht ganz begriffen zu haben. Unternehmerpersönlichkeiten wie Karl Diehl, Max Grundig, Gustav Schickedanz und der „Eiskönig“ Theo Schöller prägten zu ganz wesentlichen Teilen die damals noch junge Bundesrepublik Deutschland.
Nicht vergessen werden soll auch der Fürther Wirtschaftsprofessor Ludwig Erhard. Sein Name ist untrennbar mit dem Wirtschaftswunder Deutschland in der Nachkriegszeit verbunden. Als Gründungsmitglied der „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) legte er den eigentlichen Grundstein für die heutige „Informations- und Kommunikationsindustrie“ (IuK) in Nürnberg und der Region Mittelfranken.
„… an der Grenze zwischen Ost- und Westeuropa versucht die Frankenmetropole den schwierigen Spagat zwischen Tradition und Modernisierung …“
In der Region Mittelfranken mit dem Städtedreieck Nürnberg, Erlangen, Fürth leben rund 1,75 Millionen Menschen und sie erwirtschafteten im vergangenen Jahr ein Bruttoinlandsprodukt von 45 Milliarden EURO. Damit gehören die drei Städte zu den größten und erfolgreichsten Ballungszentren in der Bundesrepublik Deutschland.
Das höchste Bürogebäude (ein höchst unansehnlicher und absolut hässlicher Betonklotz) im Freistaat Bayern steht übrigens nicht etwa in München, wie man leicht vermuten könnte, sondern in Nürnberg und es gehört der „Nürnberger Versicherungsgruppe“ – und er sorgt noch immer für jede menge Ärger in der (Haupt) Stadt der fränkischen Eingeborenen.
Die drei größten Arbeitgeber in der Region Mittelfranken sind die Siemens AG mit etwa 30.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, gefolgt von Karstadt-Quelle mit etwa 10.000 und der Herzogenauracher Wälzlager Gruppe INA mit rund 8.500 Beschäftigten. Letztere wurde kürzlich in einer nicht gerade freundlichen Übernahme von dem Schweinfurter Wälzlager Konzern Kugelfischer FAG geschluckt und sorgte bei den braven und biederen Mittelfranken für reichlich Aufregung und helle Empörung. In Herzogenaurach sind auch die beiden äußerst erfolgreichen Sportartikelhersteller „Adidas“ und „Puma“ zu Hause. Sie bringen es beide auf Umsätze in Milliardenhöhe und beschäftigen in der Region geschätzte 3.000 Menschen.
Ein großes „Sorgenkind“ ist nach wie vor das Fürther Traditionsunternehmen „Grundig AG“. Gerade noch rund fünftausend Arbeitsplätze stellt der Unterhaltungselektronikkonzern der Region und den Menschen zur Verfügung und jedes Jahr werden es klammheimlich ein paar hundert weniger.
Der Strukturwandel hat seit Mitte der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts auch die Region Mittelfranken nicht verschont. Allein im Städtedreieck Nürnberg, Erlangen, Fürth sind in der feinmechanischen Industrie – vorsichtig geschätzt – rund 40.000 Arbeitsplätze verlorengegangen; in der ganzen Region Mittelfranken waren es im gleichen Zeitraum rund 100.000 Arbeitsplätze.
Zwar wurden im gleichen Zeitraum im weiten Feld des Bereiches „Dienstleistung“ 150.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, aber gleichwohl muss gesagt werden, dass nicht jeder Feinmechaniker
z. B. ein guter und geeigneter Call Center Agent ist, vor allem nicht zu den Konditionen, die in dieser Branche im allgemeinen geboten werden.
Insgesamt gesehen liegt die Region Mittelfranken in Sachen Arbeitslosigkeit so schlecht nicht, zumindest nicht im direkten Vergleich mit anderen westlichen Bundesländern. Legt man allerdings die Zahlen der bayerischen Arbeitslosenstatistik zugrunde, dann „dümpeln“ die Mittelfranken immer noch am Ende der Tabelle.
„…von all dem wissen unsere Kinder und die Touristen aus aller Welt die Jahr für Jahr in die große nordbayerische Metropole strömen, naturgemäß nichts oder zumindest nicht sehr viel …“
In wenigen Tagen ist es nun wieder soweit:
„Das Christkind lädt zu seinem Markt ein, und wer da kommt, der soll willkommen sein.“ Mit dem Schlusssatz des feierlichen Prologs wird das Nürnberger Christkind in schwindelnder Höhe von der Empore der Frauenkirche am Hauptmarkt zu Nürnberg „seinen“ traditionellen Weihnachtsmarkt eröffnen. Gut zwanzig nationale und internationale TV-Stationen werden „live“ über Satellit von diesem Ereignis berichten. Damit ist denn auch die Frankenmetropole Nürnberg im wahrsten Sinne des Wortes „wieder in aller Munde“ und zwar mit Glühwein, Lebkuchen und „Nermbärcher Bratwerscht“. Sollte sich auch noch der „Club“, der „1. FCN“ mit einem halbwegs achtbaren und vor allem sicheren Tabellenplatz in die verdiente Winterpause verabschiedet haben, kann das Christkind gerne kommen – zumindest für die Kinder und die fränkischen Fußballfans.
„… das Christkind lädt zu seinem Markt ein …“
Den weltbekannten Nürnberger Christkindlesmarkt gibt es nunmehr seit über 384 Jahren und seit 1948 wird der klassische Prolog von der Empore der Frauenkirche aus gesprochen. Das erste und inzwischen leider verstorbene Nürnberger Christkind war die fränkische Volksschauspielerin Sophie Keeser.
Damals wie heute zieht der unvergleichliche Markt die Menschen in seinen Bann und öffnet ihre Herzen. Wenn am 24. Dezember dieses Jahres die Lichter in der Buden Stadt am Nürnberger Hauptmarkt erlöschen, haben nicht nur etwa zwei Millionen Menschen den Christkindlesmarkt und die Stadt Nürnberg besucht, sondern Millionen Menschen in der ganzen Welt über Internet und Satellit an diesem Medienereignis teilgenommen.
Auch der Kämmerer der Frankenmetropole wird über die eine oder andere EURO Million in seinem Stadtsäckel froh sein; denn das ist er auch, der Nürnberger Christkindlesmarkt – ein gigantisches Wirtschaftsunternehmen. Bleiben die Besucher aus, zum Beispiel aus der Furcht vor Terror-Anschlägen, so geht es dem Markt im wahrsten Sinne des Wortes finanziell „an den Kragen“.
„… Nürnberg oder Augsburg – der Historikerstreit um den ältesten Markt …“
In den vergangenen Jahren hat der Nürnberger Christkindlesmarkt mächtig Konkurrenz bekommen. Jede größere deutsche Stadt, die es sich leisten kann und die halbwegs etwas auf sich hält, richtet für ihre Bürgerinnen, Bürger und Besucher einen eigenen Weihnachtsmarkt ein
Sprichwörtlich aus allen Wolken fielen vor einigen Jahren die Stadtoberen der Schwabenmetropole Augsburg, als ein „findiger und äußerst übereifriger“ Historiker entdeckte, dass der „hauseigene“ Weihnachtsmarkt „mindestens“ 160 Jahre älter sei, als der Nürnberger Christkindlesmarkt. Zwar sprechen die Augsburger Archive „nur“ von einem sogenannten „Lebkuchenmarkt“ – aber immerhin. Flugs mussten alle bereits gedruckten Werbeplakate überklebt und die bereits vorhandene Werbestrategie entsprechend geändert werden. Die ganze Aktion kostete die Augsburger Steuerzahler mindestens 25.000 EURO – natürlich „ergebnisoffen“. Inzwischen hat sich die Begeisterung in der Stadt der Fugger wieder gelegt und eine allgemeine Ernüchterung ist eingetreten. Schließlich bringt es der Augsburger Weihnachtsmarkt gerade mal auf 500.000 Besucher und auf eine höhere Anzahl von Menschen ist die schöne Stadt am Lech auch aus rein logistischen Gründen gar nicht eingerichtet.
Im Übrigen ist der Augsburger Weihnachtsmarkt aber „intimer und beschaulicher“ als sein berühmtes Gegenstück in Nürnberg. Schon das städtebauliche Ensemble mit dem wunderschönen Rathaus des berühmten Augsburger Stadtbaumeisters Elias Holl, dem Perlachturm und den herrlich wieder aufgebauten Patrizierhäusern rund um den Augsburger Rathausplatz sprechen für sich. Der Augsburger Ex-Oberbürgermeister Dr. Peter Menacher sagte einmal in einem ähnlichen Zusammenhang, „immer dann wenn er von seinem Amtszimmer auf den Rathausplatz hinunter sieht, meine er, seine Stadt läge im nördlichen Italien.“
Der Autor und die Redaktion empfehlen daher allen interessierten Leserinnen und Lesern doch gleich beide Weihnachtsmärkte zu besuchen. Schließlich liegen beide Städte recht nah beieinander und so ganz nebenbei lernen Sie die beiden faszinierendsten und schönsten Städte des deutschen Mittelalters höchstpersönlich kennen und vielleicht sogar lieben.
„… die Beschriftung dieser Spanschachtel gilt derzeit als ältester Nachweis der Existenz des Nürnberger Christkindlesmarktes …“
Doch zurück zum Nürnberger Christkindlesmarkt und zu unserem Beitrag. Es gilt inzwischen unter Historikern als gesichert, dass der Christkindlesmarkt auf das Jahr 1530 zurückgeht. In den bisher noch nicht publizierten Briefen des Nürnberger Ratsherren und Humanisten Willibald Pirckheimer (1470 – 1530), welche die Heidelberger Historikerin Helga Scheible bearbeitet, heißt es, die Nonnen aus dem Kloster Bergen nahe dem fränkischen Hersbruck hätten im Advent „nach Gewürzen von dem Markt“ geschickt. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war hier die Rede vom Nürnberger Markt. Im Jahre 1628 wurde auf dem Boden einer neunzehn Zentimeter langen, ovalen und mit Blumen bemalten Spanschachtel aus Nadelholz diese mit schwarzer Tinte geschriebene Inschrift gefunden: „Regina Susanna Harßdörfferin von der Jungfrau Susanna Eleonora Erbsin (oder Elbsin) zum Kindles-Marck überschickt 1628.“
In dieser Schachtel befinden sich zwölf Seidenstränge unterschiedlicher Stärke, die den originalen Inhalt darstellen. Sie wurde wohl 1628 auf dem Markt samt Inhalt angeboten. Diese Schachtel befindet sich heute im Besitz des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg; die Beschriftung der Spanschachtel gilt derzeit als ältester Nachweis der Existenz des Nürnberger Christkindlesmarktes. Der Altdorfer Universitätsprofessor Christoph Wagenseil nennt in der zweiten, lateinisch gedruckten Stadtgeschichte im Jahre 1697 „De … civitate Norimbergensis commentatio …“ den Christkindlesmarkt. Er bezeichnet ihn als „Christkindleinsmarck“.
„… neue Veranstaltungen rund um den Hauptmarkt ergänzen das Angebot …“
Den vielen großen und kleinen Besuchern des Nürnberger Christkindlesmarktes werden geschichtliche Ereignisse sicherlich nicht so wichtig sein; da sind die vielen süßen und verführerischen Leckereien schon wichtiger:
Den „Nürnberger Christkindlesmarkt Glühwein“ gibt es inzwischen schon für die Kleinen in einer alkoholfreien Version und der Duft der berühmten Nürnberger Bratwürste ist genau so verlockend, wie die leckeren Lebkuchenherzen. Ob es die anlässlich des 950. Stadtjubiläums gegründete „Nürnberger Kinderweihnacht“ und das „Sternen Haus“ am Hans-Sachs-Platz auch in diesem Jahr noch einmal geben wird, stand bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht fest. Bitte fragen Sie Ihr Reisebüro oder schauen Sie im Internet nach. Die Adresse finden Sie am Ende dieses Beitrages.
„… ohne das Christkind geht absolut nichts …“
Eine unmittelbar am Geschehen Beteiligte ist in jedem Falle ganz besonders wichtig und ohne sie läuft überhaupt nichts – das Nürnberger Christkind. Es ist in diesen Wochen die uneingeschränkte Königin des Nürnberger Christkindlesmarktes und keiner anderen fliegen in diesen Tagen die Herzen der „Kleinen“ und der „Großen“ mehr zu, als ihr.
Und um es gleich vorwegzunehmen, das Nürnberger Christkind ist kein Rauschgoldengel, sondern ein liebenswürdiges Mädchen als Christkind verkleidet. Diesen Traumjob gibt es, wie bereits erwähnt, nur in der Frankenmetropole Nürnberg; es ist eine Tätigkeit auf Zeit und ausschließlich jungen Damen im Alter von sechzehn bis neunzehn Jahren vorbehalten.
Über die örtlichen Medien können sich die Mädchen mit Bild und Lebenslauf bewerben, vorausgesetzt, dass sie das „richtige“ Alter haben, mindestens 160 cm groß und absolut schwindelfrei sind. Über eine gute Fitness sollten sie auch verfügen, denn immerhin gilt es, weit über einhundert öffentliche Auftritte zu absolvieren, Rundfunk und Fernsehtermine nicht eingeschlossen.
Ist das Christkind dann endlich in Amt und Würden, geht der Stress auch schon los:
Kostümprobe, Maskenprobe, Sprech- und Stimmprobe und viele Pressekonferenzen. Die Hauptlast der „Inthronisation“ des Christkindes tragen die Masken- und Kostümbildner der Städtischen Bühnen Nürnberg. Dafür, dass das Christkind auch „stimmlich“ gut rüber kommt, sorgt das Studio Franken des Bayerischen Rundfunks. Allein der technische Aufwand ist riesig. Und, das Christkind wird „herumgereicht“. Zum Glück hat es ein eigenes „Christkind-Mobil“ nebst Chauffeur und wird es einmal zeitlich ganz eng kann auch auf eine polizeiliche Eskorte zurückgegriffen werden. Mit einem Model Wettbewerb unserer Tage hat das Auswahlverfahren nichts zu tun; ein Nürnberger Christkind muss neben Ausstrahlung, Charme, Esprit auch eine ganze Menge Köpfchen haben. Die Kids unserer Tage können auch ein „Christkind“ ganz schön beanspruchen und manchmal mit ihren Fragen sogar ins „Schwitzen“ bringen. Das Christkind in spe muss nicht unbedingt in Nürnberg geboren sein, in jedem Fall aber schon längere Zeit hier wohnen. Die „Amtszeit“ des Christkindes beträgt genau zwei Jahre, danach vertritt es als Botschafterin die Stadt in aller Welt.
Und, aus allen „Christkindern“ der Frankenmetropole ist auch in beruflicher Hinsicht bislang immer etwas geworden.
Übrigens:
Die Nürnberger Christkinder sind während ihrer „Amtszeit“ vom Schulunterricht befreit – nicht aber vom Lehrstoff; den müssen sie alle in kürzester Zeit nachholen. Darum aufgemerkt, auch ein Christkind muss lernen …
INFO „DAS NÜRNBERGER CHRISTKIND LÄDT ZU SEINEM MARKTE EIN …“
Anreise:
Die Frankenmetropole Nürnberg ist von vielen Großstädten aus umsteigefrei per ICE, IC/EC und IR leicht und kostengünstig zu erreichen. In vielen Tickets, speziell für den Christkindlesmarkt, sind die Kosten für öffentliche Verbindungen wie Bus, Straßen- und U-Bahn bereits enthalten. Fragen Sie bitte in Ihrem Reisebüro oder bei der Bahn AG nach. Vom Hauptbahnhof Nürnberg fahren Sie mit der „U 1“ in Richtung Fürth ; an der ersten Haltestelle „Lorenzkirche“ steigen Sie aus und folgen der Wegbeschreibung. Bis zum Christkindlesmarkt sind es dann nur noch wenige Minuten.
Hotelbuchungen:
Nürnberg verfügt über eine ausreichende Zahl an Gästebetten in allen Kategorien. Allerdings sollten Sie frühzeitig buchen. Zahlreiche Veranstalter verfügen über entsprechende Arrangements. Autofahrern wird dringend empfohlen, frühzeitig „P + R“ Parkplätze aufzusuchen und öffentliche Beförderungsmittel zu benutzen. Im unteren Feld der Fahrkartenautomaten finden Sie die Hinweise für „Tages- und Familienkarten“. Im Stadtgebiet Nürnberg/Fürth gilt die Preisstufe „2“. Die Verbindungen sind in Nürnberg sehr gut und lassen kaum Wünsche offen. Allerdings hier schon der dringende Rat: Lassen Sie bitte auf keinen Fall irgendwelche Wertgegenstände im Auto liegen!
Essen und Trinken:
„Nermbärcher Bratwerscht“ und „Glühwein“ bekommen Sie überall rund um den Christkindlesmarkt, ebenso die sattsam bekannten Fastfood Ketten europäischer und amerikanischer Marken. Wenn Sie es „fränkisch“ mögen, empfehlen wir unter anderem:
Bratwurstglöcklein im Handwerkerhof am Hauptbahnhof in Richtung Innenstadt,
Bratwurstglöcklein an der Sebalduskirche (Rathausplatz 1),
Bratwurst Röslein am Rathausplatz 6,
Das Goldene Posthorn, Glöckleinsgasse 2,
Das Restaurant im Heilig-Geist-Spital in unmittelbarer Nähe des Christkindlesmarktes.
Im Übrigen können Sie in Nürnberg die kulinarischen Spezialitäten (fast) aller Kulturkreise probieren und genießen. Konsultieren Sie bitte Ihren Reiseführer.
Sicherheit:
Die Frankenmetropole Nürnberg zählt zu den sichersten deutschen Großstädten und die Sicherheitsbehörden haben gerade bei Großveranstaltungen ein besonders wachsames Auge auf ihre „Kundschaft“. Dennoch können die Beamten nicht überall sein und oft genug haben die Täter wirklich ein „leichtes“ Spiel. Gerade zur Mittagszeit oder zu Beginn der Dämmerung haben sogenannte „Beutelschneider“ Hochkonjunktur. Ohne dass die Passanten überhaupt etwas merken, schneiden oder schlitzen diese Herrschaften ruckzuck Taschen jeder Art auf.
Deshalb:
Legen Sie Ihre Geldbörse weder in den Einkaufskorb oder –wagen, noch oben auf die Einkaufstasche. Tragen Sie Geld, Papiere und sonstige Wertsachen stets in den „verschlossenen Innentaschen“ Ihrer Kleidung, im „Brustbeutel“ oder in einer „Gürtelinnentasche“. Lassen Sie Ihre Tasche in Restaurants, im Kaufhaus oder bei der Anprobe in Umkleidekabinen nie unbeaufsichtigt. Üben Sie auch äußerste Vorsicht beim Bezahlen mit Scheckkarten:
Wenn die Geheimzahl ausgespäht ist, wird die Karte zu einem besonders wertvollen Diebesgut. Nehmen Sie möglichst gar keine Handtaschen mit, sondern benutzen Sie die eben erwähnten Brustbeutel. Frauen sollten das Geld unbedingt Begleitern mit sicherer Innentasche anvertrauen. Verzichten Sie so weit es immer geht auf den Einsatz von Scheck- oder Kreditkarten. Nehmen Sie nur soviel Geld wie nötig mit. Sollten Sie dennoch auf dem Christkindlesmarkt bestohlen worden sein, dann wenden Sie sich „sofort“ an den nächsten Budenbesitzer und bitten ihn, die Polizei zu verständigen. Es gibt diesbezüglich eine freiwillige Übereinkunft zwischen der Stadt Nürnberg, den Budenbesitzern und der Polizei. Warten Sie unbedingt vor Ort auf das Eintreffen der Beamten!
Öffnungszeiten des Christkindlesmarkt Nürnberg 2020 (Unter Vorbehalt):
Montag – Mittwoch 9.00 – 20.00 Uhr
Donnerstag – Samstag 9.00 – 21.00 Uhr
Sonntag 10.30 – 20.00 Uhr
24.12. Heiligabend 9.00 – 14.00 Uhr
Eröffnung: 30. November 2020 14.00 Uhr (Unter Corona Vorbehalt)